Claudia Jung (stv. Vorsitzende im Sozialausschuss)

Rede Claudia Jung zum Haushalt 2021

(Ratssitzung vom 17.03.2021 – es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Schulze Hessing,
sehr geehrter Herr Niessing,
sehr geehrte Mitglieder des Rates,
sehr geehrte Borkener Bürger*innen,
meine Damen und Herren,

das Jahr 2020 startete gut. Niemand hatte damit gerechnet, dass uns alle nur ein paar Wochen später ein kleines Virus so ausbremsen würde.

Borkens Bürger*innen möchte ich hier einmal danken:

Durch Sie und Ihre Mithilfe, Einbußen und Anstrengungen kommen wir hier in Borken meiner Meinung nach sehr gut durch diese – leider immer noch präsente, gefährliche und nervende – Pandemie. Vielen Dank dafür. Halten Sie durch.

Schnell wurde auch klar: Da kommt eine Herausforderung auf uns zu, die uns alle an unsere Grenzen bringen wird.

Geschäfte und Gastronomie sind geschlossen, viele bangen um ihre Existenz. Mein Appell: Kaufen Sie lokal und unterstützen Sie damit die heimischen Unternehmen.

Meine Damen und Herren, liebe Borkener Familien!

Sie sind diejenigen, die im gesamten vergangenen Jahr die Hauptbelastungen getragen haben, als Schulen und Kindertagesstätten geschlossen waren und tausende Kinder ganztägig zuhause betreut werden mussten, oft auch ohne Unterstützung von Großeltern, die ihrerseits zu Risikogruppen zählten.

Der Spagat zwischen home office, home schooling, Kinderbetreuung. Als Mutter kann ich nur sagen: Hut ab vor Ihnen, liebe Eltern und Kinder. Ihr macht das großartig. Aber immer droht die Gefahr der Notwendigkeit einer neuerlichen Schließung wegen rasch steigender Infektionszahlen, wenn die Impfgeschwindigkeit nicht endlich Fahrt aufnimmt!

Die digitale Welt preschte mit Gewalt in unser aller Leben und hat uns gezeigt, dass Vorsorge immer besser ist als Nachsteuern.

Geholfen hat dabei der weit fortgeschrittene Glasfaserausbau, welcher immer mehr Haushalte an die „Zivilisation“ anschließt. Diese in der heutigen Zeit so wichtige Infrastruktur muss auch bei uns auf dem Land und bis „zur letzten Milchkanne“ ausgebaut werden. Denn sonst geht es uns wieder so wie beim ÖPNV, der auf dem Land abgebaut wurde und jetzt mit viel Geld versucht wird wieder rekonstruiert zu werden – siehe die ewigen Gutachten zur Bahnstrecke zumindest nach Bocholt!

Trotzdem sieht man immer wieder, dass Technik auch so ihre Tücken hat und wir in diesem Bereich noch viele Hausaufgaben zu erledigen haben. Allein wer sich mit den jeweiligen Umstellungen hier zum Ratssystem herumschlagen muss, kann davon ein Lied singen. Auch die Familien mit mehreren Kindern, die sich kaum für jedes Kind das adäquate Endgerät leisten können oder auf Lieferungen seitens der Schule warten müssen, sind auf Hilfe angewiesen.

Deshalb unterstützen wir Grüne jede Maßnahme, die Schulen und diesen Familien hilft, am Ball zu bleiben.

Meine Damen und Herren,

Ja, die Pandemie war und ist ein gewaltiger Einschnitt in unser Alltagsleben, der uns sehr viel Energie und Aufmerksamkeit abverlangt und auch Grenzen des Machbaren aufzeigt.

Aber dahinter steht die noch viel größere und längere Aufgabe der Minderung der Folgen Klimakrise, von Bewältigung wage ich gar nicht zu sprechen. Wir dürfen dabei vor dem Umfang der Herausforderungen nicht kapitulieren oder sie auf andere Ebenen abschieben, sondern versuchen hier vor Ort, alle Möglichkeiten zu prüfen und auszuschöpfen, um zur Eindämmung beizutragen.

Dies bedeutet für uns:

  1. Fehler vermeiden, die zu einer weiteren Verschlechterung beitragen können: z.B. keine weitere Flächenversiegelung, Eindämmung des CO2-Ausstoßes von Gebäuden und motorisiertem Verkehr, Regenwasserrückhaltung.
  2. Verbesserungen in Angriff nehmen: z.B. mehr Bäume pflanzen, besonders schutzwürdige Flächen sichern, wie Venn oder Magerrasen, Insekten Nahrungsquellen erschließen. Aber insbesondere auch auf CO2-neutrale Energiegewinnung durch Wind, Wärmepumpen oder Solar umzustellen. Deshalb sehen wir es als unabdingbar an, auf unserem Borkener Stadtgebiet Maßnahmen für Windenergie nicht weiter zu behindern, sondern im Gegenteil zu fördern.
  3. Uns auch bei diesen Themen aktiv für Verbesserungen im politischen Umfeld von Land und Bund einzusetzen, z.B. bei einer sinnvolleren Abstandsregelung für Windkraftanlagen auch unter 1.000 m einzusetzen.
  4. Vorrang für den Ausbau des Radwegenetzes und ÖPNV.

Meine Damen und Herren,

hier in Borken haben wir hierzu einige ganz dicke Brocken vor uns liegen, wo wir Grüne deutliche Kritik am Haushalt haben:

Dies ist das Thema Wasserstiege, wo der Fehler der Flächenversiegelung in großem Maßstab mit einem veralteten Konzept wiederholt werden soll, ohne nochmals unter neuen Gesichtspunkten des Klimaschutzes und des Artenschutzes zu prüfen, inwieweit auch innerstädtisch bessere Lösungen möglich sind.

Auch beim Thema neue Gewerbegebiete fehlt uns die nötige Transparenz, um eine sach- und fachgerechte Prüfung der Abwägung zwischen ökonomischen und ökologischen Erfordernissen nachvollziehen zu können.

Wir haben in den vergangenen zwei Jahren die Erfahrung machen müssen, dass eine Ausweitung von Gewerbegebieten in schutzwürdige Flächen hinein am Fliegerberg dann doch durchgesetzt wird, obwohl es den städtischen Haushalt sogar jetzt nochmals um weitere 150.000 € für Ausgleichsmaßnahmen zusätzlich belastet.

Es gilt unserer Ansicht nach stattdessen, ökologisches Bauen zu fördern, z.B. mit Aufstockung von Gebäuden, Holzbauweise oder Begrünung, es geht um weniger Versiegelung sowie Vermeidung von Steingärten und Bepflanzung mit heimischen Gehölzen. Auch in Gewerbegebieten sollten diese Maßgaben beachtet werden.

Beim Bau der Neuen Feuerwache oder für den Neubau der Julia Koppers Gesamtschule könnte ja auch eine vorbildhafte Lösung gefunden werden. Wir würden dies begrüßen!

Meine Damen und Herren,

Inklusion!

Ja, auch wenn Sie vielleicht dieses Thema nicht mehr hören wollen, es betrifft aber immer noch viele Bürgerinnen und Bürger in Borken, die auf gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben warten. Ein Inklusionsmanagement durch die Besetzung einer vollen Stelle wird unserer Ansicht nach dieser breiten Aufgabe gerecht. Gerade in der Coronazeit musste die bittere Erfahrung gemacht werden, dass in diesem Bereich Rückschritte stattfanden, z.B. bei der Arbeitssuche oder auch der Wohnungssuche für rollstuhlgerechte Wohnungen.

Und werdende Eltern sollen ja nun auch aus dem Alltag in Borken ausgeschlossen werden, wenn sie und die aus den umliegenden Orten zur Geburt nach Bocholt oder Coesfeld fahren müssen. Zumindest eine Hebammen geführte Geburtsstation sollte unbedingt für Borken am Krankenhaus stationiert werden, wir haben nämlich die nicht ganz abwegige Sorge, dass dies anderenfalls der Anfang vom Ende des Borkener Krankenhauses aufgrund des Kostendrucks wäre, wie dies leider schon in anderen ländlichen Regionen der Fall war.

Was, wenn nicht eine Geburt vor Ort, gehört am deutlichsten zur gesundheitlichen Grundversorgung?

Deshalb lassen Sie uns gemeinsam für unsere Kinder und für Borken kämpfen!

Meine Damen und Herren,

aus all den oben aufgeführten Gründen können wir dem Haushalt 2021 nicht zustimmen.

Ich danke den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen für meist faire und sachliche Zusammenarbeit.

Für die gerade begonnene Ratsperiode wünsche ich mir in den Sitzungen sachliche Diskussionen, ein gutes und faires Miteinander und weise Entscheidungen, damit wir gemeinsam die Stadt Borken für unsere Bürger*innen lebens- und liebenswert weiterentwickeln. Unsere Kinder und Enkelkinder werden es uns in der Zukunft nicht verzeihen, wenn wir unachtsam mit Ressourcen umgehen.

Den MitarbeiterInnen der Verwaltung möchte ich besonders danken für ihre Hilfe und Unterstützung bei Fragen und Anliegen.

Ich wünsche Ihnen allen und Ihren Familien weiterhin Durchhaltevermögen, Gesundheit und einen schnellen Impftermin!

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